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Text: Christian Nielinger
 

Christian Nielinger, Jahrgang 1967, hat nach seiner Ausbil­dung zum Fotolaboranten Kommunikations­design an der Essener Folkwang Universität der Künste studiert. Seit 1989 arbeitet er als selbstständiger Fotograf für Konzerne und mittel­ständische Unternehmen, Universitäten und Banken, Theater und Nonprofit-Orga­nisa­tionen. Regelmäßig nimmt er an nationalen und inter­na­tionalen Ausstellungen teil. Seine fotografischen Arbeiten wurden mehrfach gekürt. So erhielt Christian Nielinger be­reits zweimal den Deutschen Preis für Kommu­ni­ka­tions­design; außerdem wurde er mit dem Berliner Type/Corpo­rate Designpreis und dem European Design Annual
Award ausge­zeichnet.

www.nielinger.de

 
   
 

 

 

 

„Was macht spannendes Storytelling in Bildern aus?“

Kann es Storytelling in der Fotografie überhaupt geben oder handelt es sich dabei nur um ein Modewort? Braucht eine Geschichte nicht immer den zeitlichen Verlauf, den die Fotografie gerade nicht hat? Was ist aber mit Bildserien, mit Reportage-Fotografie? Erzählen sie Geschich­ten oder passiert das im Text, den sie bebildern?

Streng genommen können Bilder keine Geschichten erzählen – wie es etwa ein Roman oder ein Film kann. Und doch braucht ein gutes Foto seine Geschichte, um nachhaltig Wirkung zu entfalten. Die Geschichte jedoch erzählt nicht so sehr das Bild, sondern der Betrachter sich selbst. Die Frage muss also lauten: Wie schafft es ein Bild, spannend genug zu sein, dass der Betrachter sich dessen Geschichte erzählt? Das gelingt über die Lücke, über das, was das Bild nicht zeigt, die Aus­lass­ung. Die Literaturwissenschaft hat dafür den Begriff der „Ellipse“. Da, wo das Bild nicht alles zeigt, liegt der Ansatzpunkt für die Fantasie des Betrachters. In der Unschärfe oder der Fokussierung auf ein Detail, ohne das Ganze zu zeigen, entsteht jene Spannung, die dazu anregt, das Bild weiter und darüber hinaus zu denken. Für den Fotografen bedeutet das, dass er die Geschichte, die entstehen soll, sehr genau kennen muss, bevor er sich an die Bildgestaltung macht. Ganz unab­hängig davon, ob es sich um Industriefotografie, Auftragsarbeiten im Kulturbereich, Architekturfotografie oder freie Arbeiten handelt. Erst wenn klar ist, wohin das Bild seinen Betrachter führen soll, kann der Fotograf entscheiden, was er im Bild nicht zeigt, um das Weiterdenken des Bildinhaltes anzuregen. Je weniger der eigentliche Gegenstand darstellbar ist – Musik etwa – umso mehr führt erst die Konzentration auf Details zu einem Bild mit erzählerischen Qualitäten.

Es gilt, die Beschränkung, die Fotografie mit sich bringt, die Redu­zie­rung auf den Augenblick, nicht als Mangel zu begreifen, sondern zur vorrangigen Qualität zu machen. Ebenso klingen Bilder nicht, aber das beinahe abstrakte Foto einer schwingenden Seite kann den Betrachter Musik imaginieren lassen. Architekturfotografie kann das Erlebnis eines dreidimensionalen Raumes kaum abbilden, aber die Fokussierung auf ein signifikantes Detail lässt den Betrachter den Entwurfsprozess und die Idee des Architekten reflektieren.

Wenn das gelingt, erzählt auch ein einzelnes Foto eine ganze Geschichte und im besten Fall mehr als der fotografierte Gegenstand.

 







 

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