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„Herr Fender, Sie sind Kabarettist, Ihr Programm heißt "Kirche könnte so schön sein", in dem Sie den kirchlichen Alltag und die Probleme, die dieser mit sich bringt, thematisieren. Kabarett ist immer gesellschaftskritisch – was kritisieren Sie, wenn Sie auf der Bühne sind und wie wird diese Kritik aufgenommen? Worauf achten Sie bei Sprache und Rhetorik – besonders bei kirchenbezogener Thematik? Was könnte an Kirche schön sein, was ist es nicht?“
Als vor sechs Jahren die Zusammenarbeit mit einem strategischen Unternehmensberater, der den Vorsitz eines Pfarrgemeinderates übernommen hatte, einfach nicht funktionieren wollte, weil ich seine Strategie nicht verstand und er meine kritischen Fragen nicht, wurde ich zum Kabarettisten. Ich schrieb mir meinen Ärger in satirischen Texten von der Leber, trug diese an fremden Orten vor, erntete Lachen und Anerkennung. Das Publikum hoffte auf mehr, und ich wollte es nicht enttäuschen. Mir tat diese Therapie gut und dem Erzbistum ersparte sie teure Supervisionskosten. Mein Thema hatte ich ja bereits gefunden. Die Kirche des Evangeliums war schon in den Händen der Gemeindeberater, Coaches, Supervisoren und Strukturentwickler. Sie leisteten ganze Arbeit und bedruckten vor allem Hochglanzbroschüren mit Milieustudien, Block- und Tortengrafiken, Konzepten und Strategien. Sie zwangen und zwingen die Gemeinden in Konzeptentwicklungsprozesse und Gemeindeanalysen.
Bald verloren diese Gemeinden ihren Namen, hießen nur noch Pastoralverbünde, dann pastorale Räume und in der Evangelischen Kirche Gestaltungsräume. Das diözesane Adressenverzeichnis liest sich mittlerweile wie eine Mitteilung aus dem Touristenbüro: Pastoralverbund „An den Ruhrseen“ oder „Paderborn-Süd-Ost-Dahl“. Das sind Äußerlichkeiten aber sie machen mir deutlich, wie Kirche ihre Kontur verliert. Sprache ist nicht beliebig. In ihr steckt die Seele eines Inhaltes. Wird nicht in einem Pastoralen Raum der Pfarrer schnell zum Raumpfleger? Wo bleibt der Heilige Boden, auf dem es einem die Schuhe auszieht, weil die Begegnung mit Gott einen Menschen mit der Kraft eines Feuers ergreift? Wie drückt sich Gemeinde als Beziehung von Menschen aus, denen keine Höhen und Tiefen des Lebens unbekannt sind? Immer schneller dreht man sich in der Kirche um sich selbst. Gefährlich, denn man kann abgeworfen werden. Und wer will auf ein so tollgewordenes Karussell aufspringen? Ich bin nicht für zielloses Drauflosarbeiten in den Gemeinden. Ich glaube auch, dass es gut ist, dass so manches verschwindet, was sich überlebt hat und dass die Säulen der Gemeinde endlich erschüttert werden. Mir macht es einen Riesenspaß, dem Publikum den Spiegel der Gemeindekuriositäten vorzuhalten.
Ich habe aber meine Zweifel, ob die Optimierungswerkzeuge der Berater taugen, die Zukunft für den Glauben zu gewinnen. Wenn ich das auf der Bühne satirisch auf die Spitze treibe, geschieht so etwas wie Osterlachen. Die Menschen spüren, dass es mir nicht darum geht, die Kirche zu beschädigen, mich über Papst und Bischöfe selbstherrlich lustig zu machen. Ich bin eher ein Narr, der entlarvt und zum Nachdenken auffordert. Ich bin kein Besserwisser und weiß, dass die Verantwortlichen in der Kirche es auch nicht sind. Aber sie tun noch viel zu oft so, als wären sie es. Die glänzende Beraterwelt hilft ihnen dabei und vermittelt den Eindruck, man habe alles im Griff. Doch der Heilige Geist steht kopfschüttelnd daneben und fragt: „Darf ich nicht mehr wehen, wo ich will?“ Ich will ihm mit meiner kleinen Kunst Mut machen. Und beide setzen wir unsere Narrenkappe auf.
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