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Text: Otto Kettmann

 

Otto Kettmann, 1963 geboren, studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität der Bundeswehr Hamburg und Sozialwissenschaften an der Fernuniversität Hagen. Nach Stationen in der Unternehmens­kommunikation und im Marketing, wechselte er in das Product Placement. Dort erkannte er die Wirkungs­weisen von Geschichten und die vielfältigen Möglichkeiten, diese zu nutzen. Seit 2010 ist er freiberuflich im Product Placement und Storytelling aktiv.


 
   
 

 

 

 

„Herr Kettmann, Sie sind Freiberufler und beschäftigen sich u. a. mit dem Storytelling - eine Art des Marketings, bei der Werbebotschaften in eine Geschichte integriert werden, um Kunden emotional zu erreichen. Was können Kirchenleute vom Storytelling lernen? Worauf müssen sie achten, um verstanden zu werden? Wie können sie Kirche spannend erzählen und vermarkten?“

Die Kommunikation der Kirchen zu Fragen der Gesellschaft und des Glaubens ist heute stark von wissenschaftlichem Erkenntnisstreben geprägt. Dies mag durchaus seine Berechtigung haben. Allerdings ist diese Form der Kommunikation wenig geeignet, die Menschen emotional anzusprechen. Doch ist es gerade in Fragen des Glaubens, der nicht nur eine rationale, sondern auch eine spirituelle Dimension hat, unverzichtbar, die Herzen der Menschen zu erreichen.

Hier scheinen viele Kirchenleute zu vergessen, dass der Ursprung christlichen Glaubens auf Jesus von Nazareth zurückgeht. Seine Gleichnisse sind perfekte Geschichten, mit denen er seine Idee des Glaubens und des Miteinanders der Menschen erklärt. Die Art, in der er sie als Bilder genutzt hat, ist bis heute ungebrochen modern. Die Geschichte vom vierfachen Acker, bei der die Saat nur im fruchtbaren Boden aufgeht, bedarf kaum einer Erläuterung, um seine Botschaft zu entfalten. In einer Vielzahl weiterer Parabeln hat er diese Methode immer wieder aufgegriffen und so seine Zuhörer erreicht.

Doch nicht nur die Bibel ist wie kein anderes Buch ein Fundus an Geschichten. Auch das Christentum hat in zweitausend Jahren unzählige hervorgebracht – nicht als Parabel von Macht und Politik, sondern als Inbegriff christlichen Glaubens. Unter dem Stichwort Menschlichkeit könnte man die Heiligen Franz von Assisi oder Maximilian Kolbe nennen. In der Mystik ist es Hildegard von Bingen oder Katharina von Siena. Bei den Deutern der Moderne könnte man Adolf Kolping oder Don Bosco nennen. Die Geschichten der Bibel und der Menschen, die seit ihrem Ursprung die christliche Botschaft leben und verkörpern, sollten heute mehr denn je genutzt werden, um den Glauben zu den Menschen zu tragen.

Diese Form von Geschichten müssen Kirchenleute suchen. So können sie Orientierung schaffen und Bilder in die Köpfe zaubern, die sich nachhaltig einprägen. Diese Wirkungsweise von Geschichten ist nachgewiesen. Ob man hier auf Erkenntnisse des Neuromarketings zurückgreift oder schlicht die Erfahrung unzähliger Vertriebsmenschen heranzieht, sei dahingestellt. Tatsache bleibt, dass sie, gut erzählt, Menschen unmittelbar emotional berühren und sich nachhaltig in das Gedächtnis einprägen.

Doch die Nutzung der Geschichten muss sich der heutigen Zeit anpassen. Salbungsvolle Heiligengeschichten greifen nicht mehr. Der Erzählrhythmus von Geschichten hat sich unter dem Einfluss von neuen Medien und deren Nutzung erheblich verändert. Die Nutzung muss in den jeweiligen Kontext eingepasst werden. Die Predigt in der Kirche funktioniert anders als das Internet. Geschichten sollten so gestaltet werden, dass sie die Botschaft auch im jeweiligen Medienumfeld optimal transportieren.

Das Gespür für die richtige Fabel und die passende Pointe fällt aber nicht vom Himmel. Es muss gelehrt werden und dies sollte kirchlichen Würdenträgern bewusst gemacht werden – seien sie in der Liturgie, in der Mission oder in der Laienarbeit tätig. Mit einem solchen modernen Ansatz wird es besser gelingen, über die eigenen Zirkel hinaus die Botschaft des Christentums zu vermitteln.

Bis heute gelingt dieses den Salesianern. Der Traum des neunjährigen Don Bosco wirkt zunächst wie eine nette, etwas naive Heiligengeschichte. Doch sie kulminiert in dem bekannten Wort: „Nicht mit Schlägen, mit Nachsicht und Güte wirst du alle für dich gewinnnen.“ Brillant sind hier die Pädagogik des Heiligen und seine Wirkung bis in die heutige Zeit auf den Punkt gebracht. Dies sollte Vorbild sein, um den Mut zu haben, die Geschichten der Christenheit mit fröhlichem und nach außen gewandtem Blick zu nutzen.

 

 

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