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Im Interview:
Bernhard Remmers
Bild: © 31M

 

 
   

 

Bernhard Remmers, geboren 1958 in Münster, studierte Geschichte und Sozial­wissenschaften in Bonn, absolvierte sein Volontariat im Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag und war danach landespolitischer Korrespondent in Kiel. Von 1994 bis 2007 war Remmers Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse (Osnabrück). Von 2008 bis 2013 betrieb er als selbstständiger Journalist und Medienberater die Medienwerkstatt am Rosenplatz in Osnabrück - in dieser Zeit war er Korrespondent der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und Medienberater für die Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung. Er war bis März 2014 Vorstandsmitglied in der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands e.V. (GKP), ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und war von 2003 bis 2010 Mitglied der Jury für den Katholischen Medienpreis. Seit Juni 2013 ist er Journalistischer Direktor des ifp.

 
   

 

 

Kirche/Deutsch – Deutsch/Kirche:
Wenn Kirchenleute in Rätseln sprechen.

Interview mit Bernhard Remmers

Oft hört man die Aussage, kirchliche Akteure sprächen schlicht unverständlich. Teilen Sie diese Diagnose und haben Sie Beispiele unverständlicher kirchlicher Sprache für uns?

In der Tat gibt es nicht wenige Repräsentanten der Kirche, die häufig unverständlich und floskelhaft formulieren. Aber zum Glück gibt es auch die anderen Beispiele: Von Papst Franziskus bis zu den Kapuzinerpatres zum Beispiel hier in der Nachbarschaft der katholischen Journalistenschule in München. Menschen der Kirche, Priester und auch katholische Journalisten, die mit ihrer Sprache direkt auf das Herz ihrer Zuhörer treffen. Und übrigens: Auch der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, weiß sich hervorragend in der öffentlichen Debatte verständlich zu machen.

Was, denken Sie, sind die Ursachen für eine häufig unverständliche Sprache?

Da fallen mir zuerst Unsicherheit und Gewohnheit ein. Wer sich seiner eigenen Botschaft nicht sicher ist, wem die innere Begeisterung fehlt, der flüchtet sich halt allzu gerne in die gewohnten Floskeln. Auch die Angst vor der Öffentlichkeit, vor den Konsequenzen des eigenen Standpunkts kann dazu führen, dass Prediger offizielle Verlautbarungen den eigenen Worten vorziehen.

Was sollte kirchliches Sprechen vom und über den Glauben Ihrer Meinung nach grundlegend charakterisieren?

Eine klare und im besten Sinne schlichte Sprache, die wirklich zu dem Menschen passt, der sie im Munde führt. Wichtiger noch: Die Menschen wollen spüren, dass es dem Vortragenden mit seiner Botschaft ernst ist. Das schon zu häufig gebrachte Modewort Authentizität trifft es hier vielleicht. Ich möchte wirklich spüren, dass derjenige, der da spricht, auch von dem Gesagten erfüllt ist.

Wie bilden Sie am ifp in dieser Hinsicht die zukünftigen kirchlichen Kommunikatoren aus?

Das ifp ist eine Journalistenschule und kein Predigerseminar, und übrigens auch keine Schule für PR und Werbung. Uns geht es darum, gute Journalisten auszubilden, die aus dem Geist des Glaubens heraus ihre Arbeit in den Redaktionen machen. Und natürlich freuen wir uns, wenn diese jungen Leute hier im ifp etwas über die Kirche lernen. Vor allem aber wollen wir Ihnen in dieser Zeit der Ausbildung eine geistliche Begleitung anbieten. Das kann helfen, den eigenen Glauben zu entwickeln und später einmal auskunftsfähig zu sein.

Von wem kann man lernen, wie man verständlich spricht?

Am besten immer noch im Gespräch mit anderen Menschen. Da spüre ich sofort, ob mein Gegenüber mich versteht oder ob ich einen neuen, anderen Anlauf unternehmen muss. Dazu braucht es natürlich die Bereitschaft, dass ich meine Gesprächspartner genau beobachte, ihnen ins Gesicht schaue.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Verständlichkeit von Sprache und der Relevanz des Inhaltes?

Ich sehe nicht so sehr einen Zusammenhang von Verständlichkeit und Relevanz sondern von Verständlichkeit und Überzeugungskraft. Wer für die eigene Botschaft nicht brennt, der kann auch nur schwer überzeugen und anstecken.

Sollte es Ihrer Meinung nach für Kirchenleute professionelles Training geben, wie man Inhalte an die verschiedenen Zielgruppen vermittelt? Sehen Sie hier vielleicht auch Schwachstellen in der heutigen Ausbildung von Priestern/ Theologen?

Das mag ich nicht wirklich beurteilen. Aber sicher ist es sinnvoll, einzelne Talente für den öffentlichen Diskurs auch professionell zur fördern.

Früher gab es große Rhetoriker in der Politik und große Prediger in der Kirche. Ist das heute noch so, oder ist die Zeit der großen Redner schlicht vorbei?

Die Zeit der großen Volksprediger, die ganze Marktplätze mit ihren begeisterten Zuhörern füllten, ist vermutlich vorbei. Heute sind die Talkformate im Fernsehen, die Blogs im Internet oder die Tweets auf dem Smartphone ganz bestimmt wichtiger.

Wie analysieren Sie als Profi den Rede- und Verkündigungsstil Jesu? Wie hat er so viele Menschen dazu bewegen können, ihm mit Begeisterung zuzuhören und zu folgen?

Jesus hat über eine Welt gesprochen, die seine Zuhörer selber kannten: Hirten, Schafe, Weinberge, Wegelagerer, römische Besatzer­ das war damals die Lebenswirklichkeit der Menschen in Palästina. Diese Welt ist uns heute fremd

Was glauben Sie, welche Gleichnisse würde Jesus heute erzählen?

Mit solchen Fragen tue ich mich schwer. Wer bin ich, dass ich über das Tun Jesu spekuliere? Mit aller Vorsicht vermute ich, dass Jesus heute womöglich über alleinerziehende Mütter, ausgebeutete Menschen im Niedriglohnsektor oder vereinsamte Menschen im Pflegeheim reden würde. Es gibt da schon einige Stellen, wo er den Finger in unsere Wunden legen könnte.

Sehen Sie andere, noch unentwickelte Medienformate, die neu zur Verständlichkeit und Relevanz kirchlichen Sprechens beitragen könnten?

Medienformate gibt es heute viele, Videokanäle bei Youtube zum Beispiel. Das ist ein gewaltiges Experimentierfeld. Wer da bestehen will, der sollte allerdings Profi sein und wissen war er dort tut.

Sollte Kirche also zum Beispiel bestimmte Apps produzieren, Blogs schalten, Podcasts anbieten, neue Sendungen streamen?

Die heutige Medienwelt bietet uns ungeahnte und kaum überschaubare Möglichkeiten. Und natürlich sollte die katholische Kirche hier überall vorkommen. Ich halte allerdings gar nichts davon,  immer wieder nur auf die großen Institutionen der Kirche zu schauen und von dort den Megaplan zu erwarten. Gerade die neue Medienwelt lädt uns zu individuellen, kleinen Initiativen ein. Das sind doch ideale Bedingungen für vom Glauben begeisterte Medienschaffende, ihr eigenes Ding zu machen. Beispiele dafür gibt es schon heute: Radiosender, Printmagazine, Blogs. Keiner hat uns gesagt, dass wir für all das auf einen kirchenamtlichen Auftrag warten müssen. Zwei wichtige Männer für unseren Papst, der heilige Franziskus und der heilige Ignatius, haben auch nicht erst einen päpstlichen Pastoralplan gefordert, bevor sie im Sinne der Kirche losgelegt haben. Sie haben einfach angefangen!

Werfen wir einen Blick nach vorn: Wie wird man in 15 Jahren Kirche und Glaube öffentlich hören und bewerten?
 
Keine Ahnung, ganz ehrlich. Der Wandel unserer Gesellschaft ist so rasant, dass diese Entwicklung vor allem der Kommunikationsmittel nicht absehbar ist. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich immer wieder Christen öffentlich bemerkbar machen.

 

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