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  Startseite Ausgabe 06 | offen - heimlich – Wie kommuniziert man heute Liebe?
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Text: Anette Janowski  
Anette Janowski,, Jahrgang 1965, ist Sozialarbeiterin und Heilsarmee-Offizierin und sieht beides als Beruf und Berufung. Sie war in verschiedenen sozialen Arbeitsfeldern tätig, bevor sie 2003 gemeinsam mit ihrem Mann die Leitung einer sozialtherapeutischen Einrichtung der Heilsarmee im Bereich der Wohnungslosenhilfe in Nürnberg übernahm.

 
   
 

„Sie wollen menschlicher Not ohne Ansehen der Person begegnen und sind dementsprechend mit dem Gesicht menschlichen Elends vertraut. Wie kommuniziert man Not leidenden Menschen, dass es Liebe gibt und man für sie da sein will?“

Eine gute Frage, die mich schon lange beschäftigt. Ich habe sie auch meinen Mitarbeitern gestellt. Eine Antwort, die bodenständig auf Fränkisch zurückkam "Ich muss d'Liebe selber zerscht mal ham". Auf gut Deutsch: ich kann nur geben, was ich habe.

Für mich heißt das, dass ich mich als geliebte Person begreife. Wertvoll, gewollt und bejaht - egal, wie meine Lebensumstände aussehen; egal, welche Krisen mich schütteln; egal, wie mich meine Vergangenheit geprägt hat.
Geliebt von demjenigen, der mich ins Leben gerufen hat. Begleitet von dem Gott, der mir durch sein Menschsein mein Menschsein möglich macht.

Das Dumme ist nur, das "habe" ich nicht auf einmal oder ein für alle mal. Ich fürchte, da buchstabiere ich noch ein Weilchen daran. Aber ich kann lernen, was für mich Liebe bedeutet: Wie erfahre ich sie? Welche Sprache der Liebe spreche ich? Wer oder was füllt meinen Liebestank, was saugt ihn leer?
Und dann kann ich bei anderen Menschen schauen, was sie brauchen. Auf welche Art von Liebe sie reagieren.

Mir hilft es im Umgang mit anderen grundsätzlich, dass ich Menschen einfach mag und mich für sie interessiere, neugierig bin auf sie. Ich finde es spannend, wenn eine Person ein Stück ihres Lebens mit mir teilt. Wenn sie aus irgendeinem Grund riskiert, mir etwas aus ihrem Leben anzuvertrauen. Ohne zu wissen, wie ich darauf reagiere. Und "kommunizieren, (...) dass man für sie da sein will", das kann ich nur, wenn ich dann tatsächlich "da" bin. Wenn ich präsent bin. Dann kann irgendeine Form von Beziehung entstehen, egal ob mit oder ohne professionelle Distanz.

Diese "Kommunikation der Liebe" - ich entdecke, dass es oft und zuerst ganz banale "basics" sind: Ich nehme die Person einfach mal wahr, dass sie da ist. Augenkontakt. Wenn's geht, ein Lächeln. Den Namen kennen lernen (ups - und mir merken...). Zuhören - nicht in Gedanken schon bei etwas anderem sein. Und mich dann entscheiden, den Mensch vor mir als Mensch sehen und anerkennen zu wollen - obwohl er mir lallend und sabbernd viel zu nahe kommt oder seine versiffte Kleidung den Brechreiz bei mir auslöst.

Basics - egal, ob es ein einmaliger Kontakt ist. Oder ob ich dieser Person z.B. im Rahmen einer begleitenden Einrichtung ständig begegne. Denn dann wird es eigentlich erst interessant. Wenn ich so eine Person erstmal kenne... Bin ich dann immer noch zu den Basics bereit?

Oder fängt dann meine Liebe an, Bedingungen zu stellen? (Hätte sich doch eigentlich mal waschen können, der Kerl; wenn sie nur weniger trinken würde, dann könnte ich mich vernünftiger mit ihr unterhalten und sie würde begreifen, dass...)

Liebe zu kommunizieren - sie fordert mich heraus, echt zu leben und zu sein. Das lässt mich vertrauen, dass sie auch ankommen wird.

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