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Franz Meurer, ist katholischer Pfarrer in der Gemeinde Höhenberg-Vingst, einem Kölner Problemviertel mit rund 23.000 Menschen, von denen knapp 4.000 von der Sozialhilfe leben. Meurer ist ein Tausendsassa. Er organisiert Kleider- und Essensausgaben an Arme, sorgt für Mittagsbetreuung für Kinder von Sozialhilfe-Empfängern, ruft sexualpädagogische Projekte ins Leben, pflanzt mit seiner Gemeinde über 1.000 Blumenbeete, um gegen die Eintönigkeit der Hochhäuser etwas zu unternehmen, oder lässt für 500 sozial benachteiligte Kinder des Viertels ein Sommercamp wahr werden. |
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„Die tiefste Form der Liebe...“
Interview mit Franz Meurer
Was ist für Sie Liebe, Herr Meurer? Ist es nur ein chemischer Prozess, wie manche Wissenschaftler behaupten, oder ist es mehr?
Liebe ist viel mehr. Liebe ist dreifach. Ich finde es beeindruckend und inspirierend, wie es Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Deus caritas est“ beschrieben hat: Liebe ist Eros, Agape, Caritas. Liebe ist also erstens Begehren, sich mit dem anderen vereinen wollen, Eros. Liebe ist zweitens Freundschaft, Agape, das heißt: auf den anderen eingehen, sich ihm zuwenden, für ihn da sein. Und drittens ist Liebe Caritas, also konkrete Hilfe und Unterstützung.
Eros ist zuerst genannt?
Ja, und das finde ich am besten, dass der Papst die Dimension des Eros an den Anfang gerückt hat. Weil nämlich die meisten Menschen denken, Kirche oder Glaube seien leibfeindlich. Hier hat der Papst ein klares Signal dagegen gesetzt. Nämlich, dass die Liebe uns zunächst einmal auf die Höhe der Existenz führt und eigentlich ein Vorgeschmack des Himmels ist.
Wie verhalten sich Liebe und Freundschaft zueinander?
Das möchte ich mit einem Satz aus der Sendung „Traumhochzeit“ erklären. In einer der Folgen sagte der Kölsche Standesbeamter Willi Weber zum Brautpaar: „Ich wünsche euch, dass aus eurer Liebe Freundschaft wird.“ Darüber habe ich lange nachgedacht, weil ich es erst nicht recht verstanden habe. Aber der Mann hat völlig recht. Liebe kann einem sofort passieren, weil Liebe Eros ist. Du gehst um die Ecke, siehst eine Frau und denkst: „Ich sterbe!“ Dagegen kann man nichts machen, warum auch?, ist doch toll – denn Liebe ist ein Naturereignis.
Und Freundschaft?
Freundschaft ist Treue, Beständigkeit, Verlässlichkeit. Es gibt da ein Geheimnis: Freundschaft lebt immer von dem, was man weglässt. Die dunklen Seiten des Anderen weglassen. Nicht wiederholen, was einem am anderen stört, sondern akzeptieren, dass er zum Beispiel die Socken anders wäscht, die Schuhe anders putzt, die berühmte Zahnbürste anders ablegt. Wer dieses Weglassen gelernt hat, der liebt als ein Freund.
Das Verständnis von Liebe in der westlichen Welt des 21. Jahrhunderts scheint romantisiert und verklärt. Wie sehen Sie das?
Wir sind von der Illusion der Unsterblichkeit besessen, wenn wir von Liebe reden. Wir wollen, dass sie für immer bleibt, unwidersprochen. Wir wünschen uns letztlich den, den wir lieben, ewig, ohne Ende, ohne Grenzen. Das geht aber nicht, und das nicht nur angesichts des Todes. Wenn ich meine, der andere ersetzt meine Wünsche, er ergänzt, was mir fehlt, ist alles vorbei.
Was ist dann Liebe?
Die tiefste Form der Liebe ist, dass ich dem anderen erlaube, dass er mir nicht wie Gott sein kann und nicht wie Gott sein muss. Denn nur Gott kann der Kraft entsprechen, die wir in der Liebe auf den anderen richten. Nebenbei bemerkt: Marion Gräfin Dönhoff hat einmal gesagt und dabei meinte sie vielleicht auch ihre ehemaligen ostdeutschen Besitztümer: „Vielleicht ist die schönste Form der Liebe, zu lieben ohne zu besitzen.“
Was halten Sie von Werbung, die das Wort Liebe aufgreift, oder von Magazinen und TV-Sendungen, die über Liebe, auch und vor allem von Prominenten, berichten, oder von Flirtbörsen, die Partnerschaften anbahnen?
Werbung und Filme zeigen immer, was im Moment in der Gesellschaft los ist. Sie sind eine Form der öffentlichen Kommunikation. Das ist ganz wichtig, dass wir das wertschätzen. Wir müssen aber nicht die Sprüche der Werbung nachmachen. Die Kirche hat einen ganz großen Vorteil: Wir müssen nichts verkaufen. Wir können ganz ruhig bleiben und können uns dem Tempo der Menschen anpassen, die ja eher langsam vorankommen, Schritt für Schritt. Wir können Lebenskontexte schaffen, dazu sind wir da. Die Kirche möchte, dass jeder Mensch seinen Faden ins Gewebe der Welt weben darf und hieraus seinen Stolz zieht.
Aber was halten Sie von Sendungen zum Thema Liebe?
Diese Geschichten und Sendungen muss es geben. Das ist die Fantasie der Menschen, das ist eine Form der Teilhabe, auch für ältere Menschen, die keiner mehr liebt, die einsam und verlassen sind. Überlegen Sie mal: Im Jahr 2035 hat jeder zweite Deutsche keine Nachkommen und jeder Fünfte keine Verwandten mehr. Das heißt, du bist völlig allein.
Dann brauchst Du diese Sendungen. Die Serien als solche sind also notwendig, denn die Menschen wollen mit jemandem zusammen sein. Im Alter sind die meisten Menschen leider nur mit dem Fernseher zusammen, auch reiche Menschen. Das Problem mancher Serien ist nur: Wenn kleine Kinder sie sehen, werden sie dadurch nicht gefördert, sondern dumm; das ist nachweisbar, das kann man an Gehirnentwicklungen sehen. Und das ist natürlich nicht wünschenswert.
Ihnen ist das also nicht zu oberflächlich, was in manchen Serien läuft? Oder anders gefragt: Ist der Begriff Liebe nicht zu wertvoll für manches, was Liebe genannt wird?
Der Begriff Liebe als solcher ist völlig aufgelöst, weil ihn jeder benutzt. Aber das Wort ist äußerst robust. Es scheint ein Begriff zu sein, den man nicht abgelutscht, sondern offensichtlich nur rund gelutscht kriegt. Machen Sie, was Sie wollen: Er behält einfach seinen Zauber.
Es scheint eine Sehnsucht zu existieren, ein großer Wunsch nach Wärme und dem Gefühl, okay zu sein. Deshalb liegt es nicht an mir, diese Serien zu bewerten. Wir müssen aber dafür sorgen, das Niveau zu heben, bei dem was wir machen.
Sind eigentlich alle Schlagertexte falsch, die von der ewigen Liebe reden?
Nein, aber sie sind Ausdruck dieser Sehnsucht. Das brauchen die Menschen, das brauchen wir alle. Wir brauchen Geschichten, Bilder und Musik.
Die katholische Kirche tut sich oft schwer mit der körperlichen Dimension der Liebe, dem Eros, wie Sie sagen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Religion hat generell, also auch in anderen Weltreligionen, ein durchaus ambivalentes Verhältnis zum Körper. Denken Sie nur an die zahlreichen Verbindungen von Kult und Hygiene, etwa bei den Bestimmungen zur kultischen Unreinheit in den Zeiten der weiblichen Menstruation oder der Schwangerschaft. Warum sich letztlich solche Leibfeindlichkeit auch an kirchliche Kontexte angedockt hat, weiß ich nicht. Ob es etwas mit dem Zölibat zu tun hat? Ich vermute eher nicht. Oder mit dem Kontrollbedürfnis, der Machtausübung über die Seelen? Ich vermute, dass die Gründe nicht nur aus dem kirchlichen Kontext kamen, sondern etwas mit der fundierenden Kultur einer bestimmten Bürgerlichkeit zu tun haben.
Entsteht hier nicht ein großer Graben? Hat Kirche hier nicht das Image des Spielverderbers, der Spaßbremse und ist das nicht eine der größten Verständnisbarrieren zur heutigen Kultur?
Ja, natürlich. Das sagt übrigens auch der Papst in neueren Ansprachen, dass wir das innerkirchliche Problem mit der Sexualität für uns lösen müssen. Und hier geht esja nicht um Theorie. Nehmen wir doch nur mal die Frage, woher wir gute Leute bekommen. Wir lassen die Hälfte der Menschheit, also Frauen, nicht in Leitungspositionen, also haben wir schon hier nur die halben Chancen in der Personalauswahl. Dann leben wir in einer Zeit, wo ein normaler Mensch überhaupt nicht verstehen kann, was Zölibat ist. Das kann man ja nur verstehen aus einer sehr intensiven Lebenserfahrung heraus. Beide Zulassungsfragen sind Fragen der Körperlichkeit, der Geschlechtlichkeit. Also, ich will hier die dahinter liegenden theologischen Überlegungen respektieren, aber es gibt doch erheblichen Gesprächsbedarf.
Können Sie sich vorstellen, dass Kirche das Thema Liebe auch einmal plakativ und ganz unbefangen wie VW oder andere Konzerne kommuniziert?
Das ist eine Frage der Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Kirche glauben viele Menschen nicht mehr. Wir stehen ja in Umfragen zur Glaubwürdigkeit eher schlecht da. Unsere Authentizität ist schwer angeschlagen, also müssen wir ganz wenig sagen und ganz viel tun. Das wäre meine Position. Denn interessante Sachen brauchst du nicht zu bewerben.
Die Liebe von Menschen zu Tieren oder Vereinen scheint manchmal größer als die zu anderen Menschen. Wie stehen Sie dazu?
Auch das ist der Wunsch nach Gemeinschaft. Die Menschen wollen dazugehören, einen Takt im Leben haben. Es ist ein Ritual, es ist die Liturgie der Massen. Was Schöneres als das Gefühl, dazuzugehören, kann vor allem ein junger Mensch gar nicht haben. Aber das kriegen wir von Seiten der Kirche nur noch schwer organisiert. Uns fehlen zum Beispiel die jungen Kapläne, die engagiert sind, die gerne was riskieren, die sich theologisch fit halten, die man als ‚burning persons’ bezeichnen würde und die ihre ganze Power den jungen Leuten zur Verfügung stellen.
Gehen wir mal über zu dem Umfeld, in dem Sie leben und arbeiten. Wo begegnet Ihnen Liebe im Alltag?
Zunächst muss ich sagen: Wir erleben hier in unserem Viertel sehr stark diesen Wunsch des Dazugehörens. Überhaupt den Wunsch, dabei sein zu können. Wir haben im Extremfall Kinder, die noch nicht einmal ein Bett haben, keine Geborgenheit und Zuwendung erfahren, bis hin zur Mutter, die sagt: „Ich kann mich nicht um mein Kind kümmern, ich komm mit mir selber nicht klar“. Oder vielleicht noch brutaler, die Mutter, die sagt: „Kümmern sie sich nicht um mein Kind, das lohnt sich nicht.“
„Das Gegenteil von Liebe ist“, wie Hannah Arendt sagt, „überflüssig zu sein.“ Und Hans-Magnus Enzensberger sagt: „In unserer modernen Gesellschaft kann jeder morgen überflüssig sein.“ Wohin mit ihm? Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die nicht mehr vermittelt, dass man sich kümmert. Und diese Erfahrung machen natürlich bei uns viele junge Menschen. Daraus erwächst ein enormer Wunsch: dazuzugehören. Wir versuchen hier, diesem Wunsch Räume zu geben und ihn wahr werden zu lassen.
Nehmen wir zum Beispiel eines der Kinder, die von ihren Eltern nicht akzeptiert werden. Wie zeigen sie diesem Kind, dass es geliebt wird?
Erst einmal ist es eine Form von Agape, eine Form der Wahrnehmung des Anderen. Bei uns bekommt jedes Kind das, was es braucht, geschenkt. Zum Beispiel Fahrrädchen, Kleidung, Schulsachen oder Schulranzen. Ein anderes Beispiel: Eine offene Ganztagsschule aus unserem Viertel hat das Stück „Dschungelbuch“ aufgeführt. 45 Kinder haben mitgemacht. Wir haben für jedes Kind einen Karton mit Geschenken gepackt. Darin war ein Buch, denn die Kinder sollen lesen lernen; natürlich ein Spiel, denn sie sollen was zusammen machen; ein Schmusetier, denn man muss was zum Kuscheln haben, und etwas Süßes. Die Kinder haben etwas als Gegenleistung bekommen. Denn sie brauchen Anerkennung und das Gefühl, dass sie nicht überflüssig sind, sondern dazugehören.
Wieso ist das Ihrer Meinung nach so wichtig?
Der Kern von Liebe steckt in der Frage: Erfährt ein Kind Geborgenheit? Falls nicht, gibt es große Probleme. Erfährt ein heranwachsendes Kind Zuwendung, also kümmert sich einer persönlich um das Kind, zum Beispiel durch Vorlesen? Wussten Sie übrigens, dass ein bürgerliches Kind zwölfhundert Stunden vorgelesen bekommt, bevor es in die Schule kommt? Unseren Kindern wird zuhause nicht vorgelesen, das können die niemals mehr aufholen. Aber zurück: Wichtig ist auch die Belohnung. Der entscheidende Denkfehler unserer Gesellschaft ist: Wir wollen dauernd fehlende Zuwendung durch Bildung ersetzen.
Kirche als ein Haus, in dem Kinder und Erwachsene Anerkennung erfahren?
Ja, genau. Vielleicht sage ich es mit einem Gedicht von Reiner Kunze: „Wer da bedrängt ist, findet Mauern, ein Dach und muss nicht beten.“ Das Gedicht handelt übrigens von einem protestantischen Pfarrhaus in der ehemaligen DDR und ist sehr präzise: Gibt es Mauern, also etwas, das dich beschützt, gibt es ein Dach, eine Heimat, wo man sagen kann: Hier kann ich essen, trinken, sein? Werde ich zu etwas gezwungen, werde ich rekrutiert, dann ist alles vorbei.
Was heißt das für Ihre tägliche Arbeit hier in einem Kölner Stadtviertel mit hoher Arbeitslosigkeit, Armut, Drogen- und Alkoholproblemen, Gewalt?
Unsere Form ist, dass wir sagen: Hier ist alles öffentlich. Bei uns ist alles umsonst, mit Geld kann man hier nichts machen. Alles gehört schon allen. Wichtig ist Gratuité, was soviel heißt wie Großzügigkeit oder Unentgeltlichkeit. Diese, wenn man so will, kommunitaristische Form ist sehr wichtig. Dies hat Jürgen Habermas neulich auch betont. In seinem Buch „Ein Bewusstsein von dem, was fehlt“ sagt er, dass der Kognitivismus, also die rein säkulare Moral, auf solche Großzügigkeiten angewiesen ist; und zwar deswegen, weil der Kognitivismus zwar gut von Solidarität überzeugen, aber nur unzureichend zu ihr motivieren kann.
Darum braucht man solche Gemeindeformen kommunitaristischer Art. Wir geben einen Raum, in dem man nichts kaufen kann, in dem nicht Teilhabe durch Leistung zählt, sondern Teilhabe durch Engagement, durch Dabeisein. Denn Liebe kann man nicht kaufen, man kann sie nur verschenken. Liebe kann man nie erwerben, auch durch Eifer und Fleiß nicht. Liebe kann nur kleinräumig entstehen. Es lohnt sich, den anderen zu lieben. Es bringt gute Laune, dem anderen eine Freude zu machen.
Zeigt sich das auch so in ihrem Viertel?
Wir müssen, was unser Viertel angeht, eine klare Werteverschiebung zwischen bürgerlicher und Unterschicht-Mentalität feststellen. Es ist eine ganz andere Form, die Welt zu verstehen. Die Heiratspolitik zum Beispiel, um beim Thema Liebe zu bleiben, machen hier immer die Mütter.
Wie würden sie diese Heiratspolitik beschreiben?
In bürgerlichen Kreisen sucht man den Wunschpartner fürs Leben, und das hat viel mit Romantik zu tun. Die Heiratspolitik in unserem Viertel, also in der Unterschicht, hat dagegen nur eine Überschrift: Schwierigkeiten vermeiden. Wichtig ist, einen Mann zu finden, der möglichst wenig säuft, der möglichst wenig seine Frau schlägt, der möglichst ein bisschen Einkommen hat. Die Minimierung der Schwierigkeiten ist das höchste Lebensziel. Und ansonsten heißt es: Sich in sein Schicksal zu ergeben.
Eine Form der Liebe haben wir noch nicht besprochen: die selbstlose Liebe. Altruismus gilt ja landläufig sogar als typisches Erkennungszeichen für das Christsein. Was denken Sie dazu?
Ganz wichtig ist erst einmal: Du kannst den anderen nur lieben, wenn Du dich selber liebst. Das ist ganz grundlegend die Einsicht der christlichen Lebenskunst. Aber dann haben Sie schon recht. Viele spüren in sich den Wunsch, nicht immer so an sich selbst zu klammern, sondern beide Hände frei zu bekommen für den Anderen. Keiner kann das ohne die Sicherheit, irgendwo ganz beheimatet zu sein. Sonst wird es schnell pathologisch, Helfersyndrom und so weiter. Aber wenn Du ganz sicher sein kannst, dass einer an dich denkt, dass Du in ihm wohnst und er dich in dir trägt, dann kannst Du tatsächlich deine Sicherheitsreflexe um dich selbst etwas lösen. Manche erleben diese sichere Heimat in ihrer Partnerbeziehung; manche erleben das auch mit Gott. In ihm bin ich ganz sicher da, weil er an mich denkt – und weil ich in dieser Weise da bin, kann ich mich verschenken.
Was glauben Sie: Wie wird Liebe in zwanzig Jahren kommuniziert?
Wie schon gesagt: Sehr viele werden alleine sein, manche reich, manche arm, aber allein, alt und einsam. Das ist ein enormes Problem, das die Frage nach Liebe in allen drei Bedeutungen – Eros, Agape und Caritas – sehr dringlich machen wird. Man kann die Lage auch nicht durch Pflegepersonal lösen, das müsste sich dann schon in zwölf Jahren vervierfachen. Das Problem bleibt folgendes: Wir können die Zuwendung, die Menschen einfach brauchen, nicht einkaufen. Es ist offen, wie das werden wird. Jedenfalls sollten wir Christen da sein, wo Zuwendung, Liebe, Geborgenheit, Akzeptanz und Pflege am dringendsten notwendig sind. Ich vertraue hier auf die Kreativität der Menschen.
Der vielfach ausgezeichnete polnische Schriftsteller und Journalist Ryszard Kapuscinski hat im Dezember 2004 in Wien drei beeindruckende Vorlesungen gehalten. In der zweiten Vorlesung hat er gesagt: „Halte inne. Neben dir ist da noch ein anderer Mensch. Geh ihm entgegen. Eine solche Begegnung ist das größte Erlebnis, die wichtigste Erfahrung. Schau dem Anderen ins Antlitz, das er dir entgegenhält. Durch sein Antlitz öffnet er sich dir, mehr noch, bringt er dich Gott näher. Das finde ich unglaublich, das ist seine Lebenssumme. Man könnte auch Gott am Schluss weglassen, dann würde es immer noch stimmen.
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