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Text: Norbert Küpper
Foto: Die Presse Zötl
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Norbert Küpper,
studierte Grafik-Design in Düsseldorf. 1984 gründete
er das Büro für Zeitungs-Design und war einer der
ersten Designer in Europa, der sich auf Zeitungs-Design spezialisierte.
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„Was ist für Sie aus gestalterischer Sicht
bemerkenswert an diesen ausgewählten Bistumszeitungen?“
Durch Leserforschung ist bekannt, dass das
Abonnement der Kirchenzeitungen eng an den Gottesdienstbesuch gekoppelt
ist. Die Anzahl der Gottesdienstbesucher ist seit vielen Jahren
rückläufig - und genau so ist es mit den Auflagen der
Kirchen-Zeitungen. Die Abonnenten der Kirchenzeitung haben eine
extrem enge Bindung zu ihrer Kirche. Die Leserschaft vieler Kirchenzeitungen
ist im Durchschnitt 60 Jahre alt.
Forschungen des Instituts Allensbach im Auftrag
der MDG (Mediendienstleistungsgesellschaft, München) belegen,
dass es durchaus eine jüngere Zielgruppe für die Kirchenpresse
gibt, z.B. bei jungen Familien. Darum gibt es seit einigen Jahren
gestalterische und inhaltliche Veränderungen bei Kirchenzeitungen.
Da ich Zeitungsdesigner bin, betrachte ich
die Zeitungen eher aus gestalterischer Sicht.
Passauer Bistumsblatt,
26. März 2006
Mit dem Titelbild spricht man eher die älteren Abonnenten an,
der Schriftzug ist etwas gesperrt und hat eine Schattenkante. Hier
fehlt der Aufmacher, der zum Blättern animiert. Bei den Innenseiten
ist auffallend, dass die Grundschrift groß genug ist und die
Bilder meist zu klein.
Der Dom, 2.
April 2006
Das Titelbild füllt die gesamte Seite aus. Man hat je nach
Motiv Probleme, den Zeitungskopf zu lesen, weil er sich nicht vom
Untergrund abhebt. Darum: Kopf auf ruhigen Untergrund stellen. Bei
Innenseiten ist auffallend, dass große Textstücke wenig
unterbrochen werden. Vorspänne und Bildtexte sind kursiv –
das ist schlecht lesbar. Die Überschriftentype wirkt recht
modern.
Kirchenzeitung
für das Erzbistum Köln, 24. März 2006
Das Titelbild ist ein Werk von Salvador Dali, wie man der Seite
zwei entnehmen kann. Dort wiederum wird auf den Artikel auf Seite
17 verwiesen. Das zeigt die Denkweise, dass nämlich die Leser
sowieso Abonnenten sind und dass man als Titelbild was nettes nehmen
sollte. Man sollte besser journalistisch denken: was ist das interessanteste
Thema in dieser Ausgabe, was können wir am
Besten bebildern. Man würde dann ein Bild und eine große
Headline auf die Titelseite stellen. Die Innenseiten wirken eng
gefüllt mit Text. Mehr Zeilenabstand wäre für die
Lesbarkeit sehr wichtig. Insgesamt konzentriert man sich offenbar
auf die vorhandenen Abonnenten und denkt nicht an die Gewinnung
neuer Zielgruppen durch modernere Gestaltung und modernere Inhalte.
Der Sonntag
- für das Erzbistum Limburg, 26. März 2006
Die Zeitung wirkt für den Außenstehenden deutlich wichtiger,
weil sie nicht im halben sondern im vollen Format erscheint. Sie
erhebt damit den Anspruch, eine echte Wochenzeitung zu sein. Die
Gestaltung ist locker, leicht und damit sonntäglich entspannt.
Die Aufmacher-Überschrift heißt: "Darf man mit Weizen
heizen?" Im Text heißt es "Wir brauchen Brot für
die Welt und nicht für den Ofen". Bei diesem zufällig
gefundenen Beispiel sieht man, dass die Redaktion ihr Themenspektrum
deutlich erweitert hat und Alltagsprobleme mit Glaubensfragen in
Verbindung bringt. Innovativ ist außerdem, dass diese Zeitung
zur Verlagsgruppe Bistumspresse gehört. In dieser Gruppe arbeiten
derzeit neun Kirchenzeitungen zusammen. Beim Blättern sieht
man einen sehr guten Bildeinsatz. Auch hier wird
darauf geachtet, dass man nicht zu kirchenintern und nicht zu weltlich
daher kommt.
Kirche + Leben,
26. März 2006
Diese Zeitung erscheint ebenfalls im vollen Format. Sie hat beim
European Newspaper Award einen Preis für die Typografie bekommen.
Die Grundschrift ist sehr gut lesbar, der Bildeinsatz ist okay.
Wie beim Sonntag aus Limburg hat man sich auf den Weg gemacht, eine
moderne Kirche, die in der Gegenwart agiert, in einem Printmedium
darzustellen.
Der Sonntag,
Wien, 26. März 2006
Die Titelseite dieser Ausgabe wirkt durch das Bild und die Aufmacher-Überschrift
recht aggressiv. In dieser kleinformatigen Zeitung findet man oft
eine aggressive Bildsprache, auch auf Innenseiten. Die Doppelseite
in der Heftmitte mit dem Evangelium, den Lesungen und dem "Wort
zur Schrift" sind durch die Bildsprache sehr jugendlich. In
vielen Pfarren wird man diese Doppelseite in den Schaukasten hängen.
Die Überschriftentype "Bureau Grotesque" ist sehr
modern. Man tut also sehr viel, um eine junge Zielgruppe von Nichtabonnenten
anzusprechen.
Chrismon Plus
5/2006
Insgesamt ein hochprofessionell gemachtes Magazin. Gleichzeitig
fragt man sich manchmal, wie stark der Absender sich tarnen will.
"Wann werden Ihnen Gäste lästig?" wird auf einer
Seite behandelt. "Ball war sein erstes Wort" über
Kinder, die Fußballtalente sind. Der Untertitel: "Das
evangelische Magazin". Bei Chrismon sehe ich eine zu weite
Abwendung von dem, was eine Kirchenzeitung transportieren soll.
Lebenshilfe, Unterhaltung, Lifestyle - man kann eine Kirchenzeitung
damit anreichern. Man sollte aber das eigene Motto - die erklärende
Unterzeile – klar definieren und als Richtschnur für
die Findung unverwechselbarer Inhalte nehmen.
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