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Text: Dr. Folkert Fendler
 

Dr. Folkert Fendler, Jahrgang 1961, war Gemeindepfarrer in Hude/Oldenburg, Lima/Peru und Varel/Oldenburg. Er ist Qualitätsbeauftragter in der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) und leitet seit 2009 das EKD-Zentrum für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst im Michaeliskloster Hildesheim. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne.

 
   
 

 

 

 

„Herr Dr. Fendler, Sie leiten seit 5 Jahren das "Zentrum für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst" in Hildesheim. Was macht einen guten Gottesdienst aus? Was sind (Ihre) Qualitätskriterien? Und was muss ein Gottesdienst bieten, damit Zuhörer wiederkommen?“

Die letzte Frage setzt etwas voraus, das lange Zeit für die Kirche nicht galt bzw. von dem die Kirche meinte, es gelte nicht für sie: dass die Menschen sich auch dem Gottesdienst gegenüber wie Kunden verhalten. Menschen machen ihr Kirchgangsverhalten abhängig von dem, was sie im Gottesdienst erleben. Sie kommen nur wieder, wenn das etwas ist, was für sie wirklich relevant wurde. Gewohnheit oder sozialer Druck, in die Kirche zu gehen, spielen für viele keine große Rolle mehr. Den Gottesdienstbesucher deshalb als Kunden zu bezeichnen, ist allerdings in der Kirche hochgradig tabuisiert. Selbst die Gottesdienstbesucher wollen so nicht genannt oder behandelt werden. Dass sie dennoch die gleichen Ansprüche an die Qualität von Gottesdienstes stellen und etwa auch ein ausgeprägtes Wahlverhalten beim Kirchgang an den Tag legen, wie es Kunden eben tun, ist den meisten dabei selbst nicht bewusst. Und es stimmt ja auch: Die christliche Botschaft ist keine Ware, die sich einfach nur nach den Bedürfnissen der Menschen richtet, sondern ihnen u.U. auch unbequeme Wahrheiten zumutet. Der Frage nach einem angemessenen Umgang mit dieser Spannung zwischen dem Kundenhabitus der Menschen auf der einen Seite und der Unabhängigkeit der christlichen Botschaft auf der anderen Seite, wird derzeit in einem Projekt unseres Zentrums nachgegangen.

Was ist es nun, was die Menschen im Gottesdienst erleben wollen? Die jüngste Mitgliederbefragung der EKD hat herausgefunden, dass das eine gute Predigt, Zeitgemäßheit und der Wunsch ist, Zuversicht vermittelt zu bekommen und Gemeinschaft zu erleben. Das sind eher zufällige Nennungen auf der Basis von fertigen Antworten, denen die Befragten zustimmen konnten oder nicht. Im Zentrum für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst haben wir versucht, die Erwartungen der Menschen und die Potentiale des Gottesdienstes zusammen zu denken und systematisch darzustellen. Wir sind auf vier sog. Wirkfelder des Gottesdienstes gestoßen.

Darunter verstehen wir Potentiale des Gottesdienstes, die viele Erwartungen der Menschen umfassen. Im Gottesdienst soll es immer um die Deutung des eigenen Lebens im Lichte der christlichen Botschaft gehen (Wirkfeld Sinndeutung im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und „ewiger Wahrheit“). Menschen suchen in ihm mit gutem Grund Impulse für ihr Handeln und Hilfe bei Entscheidungen (Wirkfeld Handlungsorientierung im Spannungsfeld von Selbstsorge und Nächstenliebe). Sie möchten keine heiter durchmoderierte Show erleben, aber auch kein freudloses Ritual abgespult bekommen, sondern auch emotional angemessen angesprochen werden (Wirkfeld Existentielle Erfahrung im Spannungsfeld von Lebensfreude und Todesernst). Schließlich spielt auch das Beziehungselement im Gottesdienst eine entscheidende Rolle. Allerding nicht allein im Sinne von enger Gemeinschaft, sondern durchaus differenziert und abgestuft und je nach Bedürfnislage auch sehr unterschiedlich (Wirkfeld Beziehung im Spannungsfeld von Distanz und Nähe, von Beheimatung und „Andersweltlichkeit“).

Mit diesen Wirkfeldern geben wir auch eine Antwort auf die Frage nach den Kriterien für einen guten Gottesdienst. Denn jedes dieser vier Wirkfelder sollte im Gottesdienst bedacht und bewusst gestaltet werden. Dafür kann und muss man es natürlich weiter auffächern in viele weitere Kriterien, die hier darzustellen den Rahmen sprengen würde. Herkömmliche Kriterien verlieren sich oft in Einzelheiten der Gestaltung (Rolle der Musik, gute Inszenierung, verständliche Aussprache, etc.), die zwar wichtig sind, aber das Zentrum des Gottesdienstes nicht erfassen. Die Wirkfelder denken vom Wesentlichen her, das theologisch durchaus unterschiedlich bestimmt werden kann, und schreiten von dort erst weiter zu den Details.

 

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