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Im Interview:
Anne M. Schüller

Bild: © ingimage.com

 

 
   

 

Anne M. Schüller, ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfache Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum und hält Vorträge und Workshops zum Thema. Sie ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Ab sofort bildet ihr Touchpoint Institut auch zertifizierte Touchpoint Manager aus. Kontakt: www.touchpoint-management.de

 
   

 

 

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Interviewfragen-Kundenrueckgewinnung mit Anne M. Schüller

Frau Schüller, Sie sind Expertin für Loyalitätsmarketing, und haben zahlreiche Bücher und Hörbücher zu diesem Thema veröffentlicht. In Ihrem Hörbuch „Effiziente Kundenrück­gewinnung“ behaupten Sie, dass 9 von 10 Kunden, die ein Unternehmen verloren hat, rückholbar sind. Was macht Sie so optimistisch und wie soll das funktionieren?

Die Zahlen stammen aus einer Studie, die vor einiger Zeit für den BtoB-Bereich erstellt worden ist, also da, wo es um Geschäftskunden geht. Der wichtigste erste Schritt im Kundenrückgewinnungsmanage­Mment ist, die wahren Gründe zu finden, weshalb ein Kunde den Anbieter gewechselt hat - und dies hat bei weitem nicht immer mit dem Preis zu tun. Eine zweite Studie gibt uns eine Reihe von Hinweisen dazu, weshalb man Kunden verliert:

  • 33% wegen Gleichgültigkeit des Personals
  • 21%  wegen wiederholter Fehler
  • 13%  wegen ungenügender Auskünfte
  • 11%  wegen Unhöflichkeit
  • 8%  weil Zusagen nicht eingehalten wurden
  • 3%  wegen zu hoher Preise
  • 3%  wegen schlechter Qualität
  • 8%  aus anderen Gründen

Wie verläuft ein erfolgreicher Prozess der Kundenrückgewinnung?

Im Kundenrückgewinnungsmanagement ergeben sich folgende Ansatzpunkte:

  • das Kündigungsmanagement mit dem Ziel des Abwehrens beziehungsweise der Rücknahme von Kündigungen
  • das Revitalisierungsmanagement mit dem Ziel der Wiederaufnahme der abgebrochenen beziehungsweise eingeschlafenen Geschäftsbeziehung.

Insbesondere geht es auch darum, zu erkennen, wen man wie zurückholen kann und will, um es im zweiten Anlauf besser zu machen. Der Prozess des Rückgewinnungsmanagements lässt sich somit in fünf Schritten darstellen:

  1. Identifizierung der verlorenen Kunden
  2. Analyse der Verlustursachen
  3. Planung und Umsetzung von Rückgewinnungsmaßnahmen
  4. Erfolgskontrolle und Optimierung
  5. Prävention beziehungsweise Erzielung einer ‚zweiten Loyalität’

Alle Maßnahmen zielen letztlich auf den fünften Schritt: der Prävention von Kundenverlusten. Und bei den zurück gewonnenen Kunden gilt es, eine „zweite Loyalität“ aufzubauen. Eine dritte Chance gibt es so gut wie nie.

Man kann Kunden durch ein persönliches Gespräch, per Telefon oder Post zurückgewinnen. Wann bietet sich welche Methode an?

Das kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich ist das persönliche Gespräch vorzuziehen, denn es hat die höchste Kommunikationsqualität – wenn man es gut zu führen versteht. Wenn der Kunde persönlich nicht erreichbar ist, kann man es am Telefon versuchen. Im Privatkundenkontakt ist jedoch das Anrufen nicht so ohne weiteres erlaubt. Man sollte sich also vorher über die aktuelle Rechtslage informieren. Bei größeren Kundenkreisen eignet sich der Versand eines Briefes am besten. Dieser sollte jedoch niemals aussehen wie ein Massenmailing. Wenn man eine Briefmarke auf den Umschlag klebt, kann man diesen Eindruck schon vermeiden.

Wer ist in einem Unternehmen für die Kundenrückgewinnung besonders geeignet?

Wer im Rückgewinnungsmanagement arbeitet, sollte eine stabile, gefestigte Persönlichkeit mit hoher Frustrationstoleranz sein. Denn im Rahmen ihrer Gespräche werden die Rückholer ständig mit den Unzufriedenheiten abwandernder und bisweilen verprellter Kunden bombardiert. Und sie werden mit Fehlern konfrontiert, die sie selbst nicht verbockt haben.

Wer Kunden reaktivieren will, braucht ferner eine außerordentlich hohe Identifikation mit dem Unternehmen, eine positive Einstellung und ein heiteres Gemüt. Er muss die Reaktivierungsarbeit freiwillig und gerne machen. Er muss verkaufspsychologisch geschult und auf Rückgewinnungsgespräche trainiert sein. Sehr gut eignen sich hierzu Mitarbeiter, die gut mit Reklamationen umgehen können. Denn sie haben achtsames Vorgehen drauf.

Besonders gut eignet sich natürlich der Chef persönlich – oder eine hohe Führungskraft. Denn dies drückt besondere Wertschätzung aus, was ein Zurückkommen leichter macht. Wenig geeignet sind hingegen die Mitarbeiter, die den abgesprungenen Kunden direkt betreut haben. Nicht selten war eine Beziehungsstörung zwischen Betreuer und Kunde den Anlass zum Wechsel. Und das macht ein Zurückkommen nahezu unmöglich.

Was sind Frühwarnsignale dafür, dass man einen Kunden verlieren könnte und wie sollten Unternehmen darauf reagieren?

Auch das kommt auf die jeweilige Branche an. Kreditkarten-Unternehmen beobachten beispielsweise die Umsätze ihrer Kunden. Diese gehen im Allgemeinen zunächst zurück, bevor der Kunde ganz verloren ist. Fallen die Salden schließlich unter ein gewisses Niveau, gibt es Alarm. Haben die Kunden ihr Konto erst einmal geschlossen, ist die Entscheidung dann oft endgültig.

Um ein eigenes Frühwarnsystem aufzubauen, müssen Kenngrößen festgelegt werden, die Hinweise darauf liefern, wann der Kunde ein Ex-Kunde ist oder droht, ein solcher zu werden. Beispiele hierfür sind: sein Wiederkauf-Verhalten, die Anzahl und Form der Reklamationen, die vergangene Zeit seit dem letzten Kontakt, ein Rückgang der Bestellmengen, Teilkündigungen, nicht realisierte angekündigte Umsätze, u. v. a. mehr. Ein Ranking kann den Grad der Gefährdung anzeigen, das heißt, die Wahrscheinlichkeit, mit der der beobachtete Kunde geht. Auf der Basis von Reports und Auswertungen lassen sich dann unverzüglich die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit eine Eskalation vermieden wird. Gute Kundeninformationssysteme stellen dazu einen sehr vielseitig einsetzbaren Benachrichtigungs- und Aktionsdienst zu Verfügung.

Wie sollte ein Unternehmen bei einer Kündigung richtig reagieren?

Der wichtigste Hinweis: So schnell wie möglich. Oder besser noch: Proaktiv agieren, wenn etwa bedingt durch Vertragsende, Preiserhöhungen, Konditionenanpassungen oder andere kritische Momente mit einer Kündigung zu rechnen ist. Auch der Rechnungsversand ist ein solch kritischer Moment - insbesondere dann, wenn es außer der Rechnung keinerlei Kontakt mit dem Kunden gibt, was in manchen Branchen eher die Regel als die Ausnahme ist.

Vor allem aber ist nach einer Kündigung keine Zeit zu verlieren. Je eher die mit der Aktion betrauten Mitarbeiter die Unterlagen zur Verfügung haben, desto besser. Dann ist das Adressmaterial noch aktuell und die Erinnerungen sind frisch. Und nicht immer hat sich der Abtrünnige bereits anderweitig orientiert und beim Mitbewerber einen Vertrag unterschrieben.

Und wenn die Rückholaktion erfolgreich war?

Die ersten Transaktionen nach der Rückkehr müssen perfekt laufen. Kümmern Sie sich um jedes Detail, informieren Sie alle beteiligten Stellen und bleiben Sie in dieser Phase mit dem Kunden in engem Kontakt. Halten Sie ein überraschendes Comeback-Willkommens­geschenk parat. Bedanken Sie sich für die Rückkehr. Und markieren Sie den Kunden in der Datenbank als Rückkehrer. Oft ist all das viel leichter, als man zunächst denkt. Viele ehemalige Kunden wären bereit, Ihnen eine zweite Chance zu geben, würde man sie nur gebührend darum bitten, etwaige Probleme aus der Welt schaffen – und ihnen das Wiederkommen ein wenig versüßen.

Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller
Come back! Wie Sie verlorene Kunden zurückgewinnen
Orell Füssli Zürich, 3. Aufl. 2010
220 S., 26,50 Euro/44.00 CHF
ISBN 978-3-280-05242-6

Weitere Infos: www.kundenrueckgewinnung.com

Das Hörbuch zum Thema

Anne M. Schüller
Effiziente Kundenrückgewinnung
Die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte für das Rückgewinnen verlorener Kunden

Breuer & Wardin, 1 CD, 72 Min., Preis: 19,90 Euro / 29.90 CHF
ISBN: 978-3939621881

 

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