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Text: Christoph Flach  

Christoph Flach arbeitet als Radiotrainer, vor allem für ARD-Rundfunkanstalten. Als Moderator und Reporter war er unter anderem bei 1LIVE, Bayern 3, hr 3 und bei der Deutschen Welle zu hören.

 
   
 
Text: Patrick Lynen  

Patrick Lynen verfügt über 25 Jahre Erfahrung als Stratege, Programmentwickler, Coach, Moderator. Einige Stationen seiner Laufbahn: RTL Television, RTL Radio, RTL Interactive, SWR3, WDR, RBB, radio NRW, 100'5 Das Hitradio, Bayerischer Rundfunk, Berliner Rundfunk 91!4, Belgischer Rundfunk, Brainpool AG, Energy Schweiz/Österreich, Frekvence 1 und Evropa 2, ARD.ZDF medienakademie, Radio Center Slowenien, Akademie für Publizistik.

 
   
 

 

 

 

„Herr Lynen, Sie sind Fachmann für Kommunikation & Storytelling, seit 2000 arbeiten Sie als Dozent, Berater und Coach für private und öffentlich-rechtliche Medienunternehmen. In Ihren Seminaren referieren Sie z.B. über den neurologischen Effekt von Botschaften: Was macht Ihrer Meinung nach die perfekte Message aus? Wie wirkt sie? Wie bleibt sie nachhaltig? Und wie bekommt man als Radiomacher Aufmerksamkeit? Wie könnte man selbst verstaubte Sender, wie z.B. einige christliche Glaubensradios, wieder auf Hochglanz bringen?”

Radio ist Gefühlsmanagement. Gute Kommunikation ebenso.

Radio ist so einfach. Ein Lied, das berührt. Ein direktes Wort von Mensch zu Mensch. Ganz wie im Leben. Und doch anders, denn beim Radio steht nur der Klang im Mittelpunkt. Alles läuft über das Hören. Die anderen Sinne gehen zunächst leer aus. Aber sie werden schnell aktiviert. Über das Wort, das Hören, das Assoziieren, die Suggestion. So entfaltet sich die eigentliche Wucht von Radio: Man sieht, fühlt, schmeckt, riecht. Man spürt den Menschen, der da spricht. Die Emotionen sind dicht. Obwohl man eigentlich nur hört. Wie bei der Hypnose; es bedarf keiner Bilder. Einzig das Wort schafft den Zugang in unsere Sinneswelten.

Die Ergebnisse der Hirnforschung zeigen: Wir können nicht nicht fühlen. Hier setzt Gefühlsmanagement beim Hörfunkmachen an. Die Macher nehmen also gezielt Einfluss auf die Gefühlswelt ihrer Hörer. Im Idealfall macht Radiohören informierter (liefert Denkanstöße, gibt Sicherheit), ordnet ein (nimmt Ängste, macht souveräner), bietet Ankerpunkte im Alltag (Gewohnheit), sorgt für gute Laune (Stabilität), macht ausgeglichener (Entspannung), lässt einen als Hörer  leichter und zufriedener leben (Eskapismus),  sorgt für heitere oder anregende Momente (Spaß).

Modernes Radio braucht authentische Persönlichkeiten und das gefühlte Gesamterlebnis, klar erkennbare Kanten. Das schärft die Marken-Silhouette. Alle anderen Bestandteile eines Radioprogramms samt Multimediakontur stehen der Konkurrenz prinzipiell auch zur Verfügung. Ergebnisse der Medienforschung zeigen: Die Rezipienten-Bindung bleibt über formal-deskriptive Informationsinhalte, Positionierung, Musik oder Claims eher schwach. Dauer­hafte Hörerbindung braucht also Gefühlsmanagement.

So kommen immer mehr Radioleute zu dieser alten Stärke des Radios zurück. Sie staunen über die Möglichkeiten und zögern, die jahrelang verinnerlichten mechanischen Regeln zu brechen.

Dabei ist das Prinzip ganz einfach. Hören, sehen, fühlen, schmecken, riechen. Über diese Sinneskanäle speichern Menschen Eindrücke und Erfahrungen ab, seit ihrer Geburt. Im Gehirn werden diese sinnlichen Eindrücke eng verknüpft als Erfahrungscluster abgelegt. Oft sind die hinterlegten Erfahrungen bei vielen Menschen ähnlich. Zum Beispiel das Verbrennen an einer heißen Herdplatte. Solche Erfahrungen kommen wieder ins Bewusstsein, wenn sie durch einen verknüpften Sinneseindruck aufgerufen werden. Impulse über das Hören sind dafür ideal.

Diese sinnlichen Verankerungen kann also ein Sprecher im Radio wecken oder aufrufen. Oder ein radiophon gestalteter Inhalt. Oder das richtige Lied im richtigen Kontext. So betreibt Radio Gefühlsmanagement. Radio aktiviert die hinterlegten Eindrücke und sorgt für dichte Erlebnisse, die über das reine Hören weit hinausgehen. Wie in diesem einfachen Beispiel:

Moderation 1: Heute wird es nicht besonders schön draußen.

Moderation 2: Absolut grau ist der Himmel bei uns in Berlin, die klamme Kälte kriecht uns noch bis Freitag die Hosenbeine hoch, morgens wachen wir oft noch im Nebel auf.

In Moderation 1 findet sich eine klare Botschaft, aber nur ein sehr kleiner emotionaler Anteil. Moderation 2 ist aktives Gefühlsmanagement. Hoffentlich vorgetragen von einem Menschen, der dabei authentisch wirkt und als Persönlichkeit ein Alleinstellungsmerkmal für seinen Sender ist.

Denn Authentizität und Persönlichkeit sind die Basis für intuitives Gefühlsmanagement im Radio. Sie sind nur begrenzt planbar. Sie übertragen sich, wenn der Mensch am Mikrofon Haltung zeigt. Haltung wiederum kann keine Automation generieren und keine Strategie simulieren. Ehrlichkeit, Mut, Kanten, Humor, Ironie vermitteln sich nicht schematisch.

Wenn ein Programm zum dichten Gesamterlebnis wird, wenn starke Persönlichkeiten authentisch und intuitiv agieren können, wenn sie Gefühlsmanagement betreiben und in die Interaktion gehen, dann entsteht eine dauerhafte parasoziale Bindung zum Hörer. Dann wird das Radio zum Lagerfeuer, um das man sich scharen kann und an dem man Gleichgesinnte trifft.

 

 

 

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