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Text: Dr. Rudolf Thiemann

 

Dr. Rudolf Thiemann, geboren 1955 in Hamm, hat Jura in Münster studiert und war bereits ab 1988 Mitglied der Geschäftsleitung des Liboriusblatts. Seit 1993 ist er Geschäftsführer der Liborius-Verlagsgruppe und seit 2000 Vorsitzender des Vorstandes des Fachverbandes Konfessionelle Presse im VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, Berlin). Seit April 2013 ist er Vorstandsmitglied der "Deutschlandstiftung Integration". Am 28. November 2011 wurde er für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten im VDZ mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Rudolf Thiemann ist verheiratet, hat vier Kinder und wohnt derzeit in München.



 
   

Liborius Verlagsgruppe

 

 

 

 

„Herr Dr. Thiemann, Sie sind Geschäftsführer der Liborius Verlagsgruppe und geben u.a. die Zeitschriften Liboriusblatt und Bayerisches Sonntagsblatt heraus. Wie schwer ist es in Zeiten von E-Books, Newslettern und Blogs, sich als traditionelles Printmagazin auf dem Markt der Bistumspresse durchzusetzen?

Wie schwer ist es, neben jüngeren Zeitschriften fortzubestehen? Und hat sich die Kommunikation und die Zielgruppe des Verlags, der auf 100 Jahre publizistische Arbeit zurückblickt, im Wandel der Zeit verändert?“

Das Liboriusblatt gründete mein Urgroßvater 1899 im Verlag Breer und Thiemann als selbständige katholische Wochenzeitung zur Belehrung und Erbauung des katholischen Volkes, wie es damals hieß. Es hatte einen Vorläufer als Wochenendbeilage in der katholischen Tageszeitung „Westfälischer Kurier“, die eine Geburt des Kulturkampfes war. Mein Großvater wollte das Blatt nach dem ersten Weltkrieg wegen zu geringer Auflage einstellen. Ein sehr junger Redakteur des Kurier, Herrmann-Josef Berges, bat um eine Chance. Als begnadeter Autor und Geschichtenerzähler führte er das Liboriusblatt zu neuer Blüte, bis es unter dem Druck der Nationalsozialisten 1939 in „Der Familienbote“ umfirmieren musste. Immerhin erschien das Blatt bis 1944. Dann starb es für fünf Jahre. Aus den Trümmern der Nachkriegszeit führte Berges ab 1949 das Liboriusblatt wiederum in neue Höhen. Unter seinem Nachfolger Günter Beaugrand erreichte es Ende der Sechzigerjahre eine Auflage von 200.000 verkauften Exemplaren wöchentlich. Heute sind es nur mehr 33.000.

Das Liboriusblatt  und sein Verlag haben eine bewegte Geschichte. Es teilt dasselbe Schicksal wie katholische Bistumszeitungen, evangelische Kirchengebietsblätter und zahlreiche andere christlich affirmative Publikationen, die sich im Markt nur schwer behaupten können. Schuld daran ist nicht das Internet. Schuld daran ist die seit Jahrzehnten abnehmende Kirchlichkeit in Deutschland. Dieser Prozess hat lange vor dem Internet begonnen. Alles, was mit dem Absender „Kirche“ versehen ist, ist sehr schwer zu verkaufen. Bei den traditionellen Titeln wird es voraussichtlich kein Wachstum mehr geben. Das Überleben sichern einstweilen Kooperationen oder Zukäufe. Neugründungen sind selten, und über deren wirtschaftlichen Erfolg kann ich wenig Aufmunterndes berichten. Mit dem inzwischen vierzehntägig erscheinenden „Liborius Magazin“ hat unser Verlag vor neun Jahren eine Neugründung gewagt. Ein modernes katholisches Magazin mit affirmativen Inhalten und klaren Standpunkten zum Weltgeschehen aus katholischer Sicht. Wir mussten einsehen, dass der Markt für ein solches Produkt genauso schwierig ist wie für die traditionellen Titel. Unser Eindruck ist, dass dies wiederum mit dem Absenderetikett Kirche verbunden ist. In der Zwischenzeit hat sich die redaktionelle Ausrichtung geändert. Jetzt heißt es nicht mehr im Untertitel „die Welt katholisch erleben“, sondern „das Magazin, das Glauben erklärt“.  Es geht also um Wissen und damit auch um die Schätze, über die die christlichen Kirchen verfügen, allerdings auch die anderer Religionsgemeinschaften. Ihre Geschichte, ihre Rituale und deren Bedeutung und ihre jeweilige Spiritualität, die in Kunst, Musik, Architektur und vielem mehr Ausdruck findet. Das gleiche Programm verfolgen wir auch mit unserem monatlichen, am Kiosk erhältlichen Titel „Glauben&Wissen“. Ausgang: ungewiss!

Das Internet gibt konfessionellen Verlagen ebenso viele Rätsel auf wie säkularen. Bis heute ist es noch niemandem gelungen, mit publizistischen Inhalten nachhaltig Geld zu verdienen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen. Dennoch ist es, vor allem für die Kirchen, ein hervorragendes Kommunikationsmedium, das von der Bischofskonferenz bis zu den einzelnen Gemeinden gespeist werden kann. Wer die Botschaft hören will, hat zahlreiche Möglichkeiten, sich im Web zu informieren und zu unterhalten. Belehrung und Erbauung hieß das früher. Nur mit dem Unterschied, dass die Gratiskultur des Netzes nachhaltige Umsätze verhindert. Umso wichtiger ist es, Print nicht aufzugeben, und immer wieder nach Möglichkeiten zu suchen, das Herz der Leser und deren Interesse zu treffen, die genau deshalb bereit sind, etwas dafür zu bezahlen. Die bewegte und wechselhafte Geschichte des „Liboriusblatt“ ist dafür ein Ansporn.

 

nach obeN

     
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